Agnetha im Doppelpack: Nach der bewegenden Ballade "I can be that woman" ist das nächste Lied so ganz anders - und doch ist Agnetha wieder eine Frau, die Schweres durchgemacht hat und noch durchmacht. Warum ist Agnetha so unerreichte Weltklasse, wenn sie von scheiternden Beziehungen erzählt?
Wir sind hier wieder bei ABBA von 1980: Björn und Agnetha (nennen wir das Paar in dem Lied mal so, auch wenn sie wieder bestreiten werden, daß es ein autobiographisches Lied sei ) sind geschieden, und sie bringt Dan (okay, der Name des Jungen ist nicht autobiographisch) fürs Wochenende zu Papa; Dan freut sich darauf. Seiner Mutter ist das Herz aus zwei Gründen schwer: Ihren Jungen loszulassen fällt ihr wie jeder Mutter nicht leicht, und das Zusammentreffen mit ihrem Ex verunsichert sie, da sie durchaus noch Gefühle für ihn hat (er für sie wohl auch). Drum redet sie Belangloses: Paß gut auf auf Dan, versprich's mir, er stellt gerne was an, wenn er Gelegenheit hat, am Sonntag um fünf hole ich ihn wieder ab, blabla... Im Background echot übrigens Björn: Na klar passe ich auf, das weißt du doch, klar, bis Sonntag um fünf. Sehr realistisch. Nach der "Übergabe" schnauft sie erst mal tief durch, haut im Auto aufs Lenkrad und ist andererseits froh, daß sie die Szene durchgestanden hat, ohne zu weinen. Ähnlich wie bei ICBTW sehen wir auch hier eine lebensnahe, ungeschönte und nicht in Friede, Freude, Eierkuchen aufgelöste Alltagsszene.
Musikalisch beginnt das Lied wieder balladesk; im Gegensatz zu ICBTW nimmt es aber mit dem ersten Refrain Fahrt auf, die Ballade mutiert zur Disco-Pop-Nummer von 1980. Man möchte meinen, auch dieses Lied sei aufgrund einer Wette entstanden: "Wetten, du kannst keinen Disco-Popsong über ein Scheidungskind schreiben?" --- "Ach ja? Was wetten wir?" Björn und Benny haben diese Wette mit fliegenden Fahnen gewonnen. Der ganz leise, poetische Knalleffekt zum Schluß: Bennys Klavierausklang mündet in das Intro von S.O.S. von 1975 - ein gespenstischer Zeitreise-Effekt, durch den einerseits SOS an KAEOD anschließen kann (eine solche Montage existiert bereits auf YT), andererseits setzt thematisch KAEOD das Problem von SOS fort: Die Katze beißt sich in den Schwanz, Erfahrungen und Gefühle wiederholen sich und bleiben über lange Zeit bestehen. Wieder einmal viel Weisheit in wenige Minuten fetziger Musik verpackt!
Rupert