Fast einJahr her, das HoPs dies hier angefangen hat.
Ich hoffe es geht ihm gut.
HoPs, falls Du das liest.
Alles gute zum Fest und überhaupt.
Warum ich das nochmal aufgreife?
Nun, mitte des Jahres hat Klaus Hoffmann eine neue CD herausgebracht:
Von dieser Welt
Kritik: Der Berliner Klaus Hoffmann ist wieder ein Künstler, ein Musiker, ein Schreiber, ein Dichter, nein ... Verdichter, über den man hier jetzt seitenweise erzählen könnte. Dabei hat er seit 30 (!) Jahren eigentlich immer das gemacht, was ihm am meisten lag: er schrieb, sang, spielte und präsentierte Musik und seine autobiografischen Texte. Einige bezeichnen Klaus Hoffmann, der 1975 im Hamburger Malersaal seine Karriere begann, sicherlich sehr treffend als "Bühnenarbeiter". Lange her brach Hoffmann "als Junge mit der Gitarre" auf, um die Berliner Clubwelt einzunehmen. Hoffmann spielte mit in einem Brel-Musical. Klaus Hoffmann ist jemand, der sich archaisches Wissen von Menschen wie Aristophanes, Peter Brook oder Samuel Becket aneignete.
"Das Lied gibt Dir Distanz für die Gefühlsarbeit", sagt der singende Psychologe Hoffmann. Wir beschäftigen uns hier mit dem neuen Werk eines Mannes, der mit seiner Musik Lebenshilfe leistet, mit Stimmungen seiner Zeit ins Mark trifft, seine Gedanken schauspielert und an sein Publikum weitergibt. Klaus Hoffmann, ein Mensch, der als Kind die Mauer noch mehr als erlebt hat, sagt: "Van Morrison hat auch so pathtisch gesungen, dass die Mauern wackeln!" Klaus Hoffmann hat sich auch als Buch-Autor einen Namen gemacht: "Afghana", ein Aufbruch- und Fluchtroman, "Der Mann, der fliegen wollte" folgte.
Wann immer ihm die Möglichkeit geboten wird, flüchtet Klaus Hoffmann an seine Fluchtpunkte Griechenland, Goa, Afghanistan, Afrika. Dies gibt ihm immer wieder die Möglichkeit und Inspiration, Weltmusik mit diversen Heimatklängen zu schreiben, man kann fast schon sagen: zu fabrizieren. So kommt es, dass Klaus Hoffmann und seine langjährigen Weggefährten Hawo Bleich (Piano), Michael Brandt (Gitarre), Peter Keiser (Baß) und Stephan Genze (Schlagzeug), teils unterstützt durch Gast-Trompeter Till Brönner, sich immer wieder einmal mit Bossa Nova, Sirtaki oder gar jazz-beeinflussten Bebop-Nummern beschäftigen. Klaus Hoffmann bleibt sich selbst immer treu: "Ich war ja nie einer, der mit der Ukulele in Rimini auftritt und herzzerreißende Lieder singt!"
Klaus Hoffmann macht Chansons, er schreibt Folk-Musik, er jazzt. Größen wie der unvergessene Jacques Brel hätten zu ihm aufgeschaut. Hoffmann hat Brel nie kennenlernen dürfen, Brel ging viel zu früh von uns. Aber er setzte Brel ein unvergeßliches Denkmal, zog den Hut vor ihm, indem er sich durch seine Noten kämpfte und sein eigenes Musette Berlin daraus formte. Mit Bob Dylan würde Hoffmann sich gern einmal auf einem Singer-Songwriter-Gipfel treffen. Klaus Hoffmann, schauspielender Sänger oder singender Schauspieler?
Das erste Mal wurde ich vor mehr als 20 Jahren mit seinen Werken konfrontiert, damals so gar nicht zugänglich für diese spannende Art von musikalischen Erzählungen, damals, als ich als Babysitter von der Mutter der kleinen Nervensäge die Platten von Klaus Hoffmann "auf`s Ohr gedrückt" bekam, falls mir langweilig werden sollte. Damals war ich sehr, sehr froh, dass mir nicht langweilig geworden ist, da mir die Musik, die Poesie dieses Herrn Hoffmann so gar nicht ins Blut strömen wollte. Heute sehe ich das so sehr anders. Klaus Hoffmann macht noch immer das, was er damals schon tat. Ich habe mich weiterentwickelt, brauchte zwei Dekaden lang die Musik von Klaus Hoffmann, um mich seiner Botschaft zu öffnen, seine Musik aufzunehmen. Steter Tropfen höhlt den Stein. So muss es gewesen sein.
Das 30. Studioalbum von Klaus Hoffmann, "Von dieser Welt" beinhaltet klassisch schöne Nummern, die mit einer seichten Ummantelung in Notenform wirken, auf uns, in uns, durch uns hindurch, zum Nächsten hin. Die Texte handeln von Alltagsgeschehnissen, hellen und dunklen Tagen, mit Hoffnung in der Stimme und einem Lächeln auf den Lippen vorgetragen. Die Songs auf "Von dieser Welt" laden zum Zuhören ein, nicht nur zum Anhören. Wer keine Zeit und Muße mitbringt, hier zwischen den Zeilen reinzuhören, kann sich dieses Werk komplett schenken. Es wäre reine Zeitverschwendung, nicht bereit zur innerlichen Aufnahme dieser Chansons und ihren poetischen Mitteilungen zu sein. "Von dieser Welt" ist aber sicherlich auch ein Album, das man sich das zweite Mal beim Lesen der Morgenlektüre oder beim Chillen im Garten unter`m Zwetschgenbaum anhören kann. Nur öffnen muss man sich. Hoffmann`s Melodien und sein Gesang sind nicht vollständig, wenn man das Textgut nicht "mitverarbeitet".
"Außerhalb der Gruft" ist textlich gesehen ein Daumenkino: "Draußen riecht`s nach Curry, nach Müll und Mief und Majoran, alles Fremde macht mich störrisch, ich seh mir lieber die Tapeten an". Wer hat hier jetzt die Tapeten nicht vor Augen? "Dich einmal dick sehen" beschäftigt sich mit der weit verbreiteten Magersucht, dem herbei geredeten Schlankheitswahn, den eigentlich niemand nötig hat, aber den doch fast jeder lebt.
"Wenn die Musik nicht wär" besagt: "Wenn die Musik nicht wär, stürb die Fantasie, Hoffnung und die Poesie, Vogelstimmen gäb es nie, und der Hass würd uns besiegen". Mehr brauchen wir nicht, um zu verstehen.
"Von dieser Welt" ist als Meisterwerk Hoffmann`s hervorzuheben, ein Stück seiner Geschichte, der mit großem Respekt gelauscht werden sollte. Wer Hoffmann kennt und liebt, wird nicht enttäuscht sein. Wer ihn bisher noch nicht kannte, wird um eine interessante Erfahrung reicher werden, bereichert werden. Jemand, der auf ohrwurmgesteuerte Songs hofft, könnte enttäuscht werden, denn das wäre nicht Klaus Hoffmann. Seine Musik ist keine, zu der man lauthals mitsingt. Man genießt sie stiller, aber intensiver. Für Liebhaber des deutschen Chansons ist dieses Album ein Muss, um den roten Faden in diesem Genre weiter am Glühen zu halten und keine Lücken einzubüßen. "Von dieser Welt" gehört in jeden Liedermacher-verwöhnten oder -gewöhnten Plattenschrank. Ganz nach oben.
Anspieltipps:
Ausserhalb der Gruft
Die Zeit, die vergeht
Ich liebte
Von dieser Welt
Wenn die Musik nicht wär