"The day before you came" ist aus meiner Sicht ein richtig guter und stark gemachter ABBA Song, und zwar aus mehreren Gründen.
Zum einen finde ich ihn außerordentlich atmosphärisch, was wohl an der mystischen Klanggestaltung durch die Synthies, aber auch an dem Gesang Agnethas liegt, der auf fast irritierende Weise zwischen Zerbrechlichkeit, Routine und Gefühl oszilliert, und eben auch an dem Text. Schon als Teenie hat mich der Song total in den Bann gezogen, weil ich dieses Gefühl so nachempfinden konnte beim Hören, wie etwas Großes, die Begegnung mit einem (geliebten) Menschen alles verändert, neu färbt, aus Bedeutungslosigkeit Sinn macht. Und (im Nachhinein) schicksalhaft über Dingen schwebt, bevor sie eigentlich passiert, und sie retrospektiv in ein anderes Licht rückt.
Dass hier der Einsatz von Synthies und insbesondere eines Drumcomputers kontrovers besprochen wurde, kann ich nachempfinden, denn aus meiner Sicht steht ABBA eben zwar auch mal für technische Gimmicks und (für die Zeit) für moderne Studiotechnik insgesamt. Allerdings denke ich schon, dass viele Fans an ABBA schätzen, dass die Musik hauptsächlich auf tollem musikalischen (Hand)werk und den puren bzw. nur moderat aufnahmetechnisch veränderten Stimmen basiert, welches in der heutigen Zeit (Autotune, teils volldigitales Producing) leider immer seltener wird.
Aber ich denke doch, dass der Einsatz eines Drumcomputers hier gewollt ist, er passt so wunderbar selbstreferenziell zu der Monotonie und dem mechanischen Charakter des Inhalts. Es geht doch gerade darum, dass das Leben wie ein Fließband so vorüberzieht, ohne eigentlich zu hinterfragen, und dass dies plötzlich durchbrochen wird. Daher aus meiner Sicht kein Fauxpas, sondern ein toller Kniff. Ich finde generell, dass Songs oft beeindruckend sind, wenn sie in irgendeiner Art referenziell sind, also auf sich selbst oder die Menschen, die sie machen, Bezug nehmen. Zum Beispiel denke ich, das "The winner takes it all" auch deshalb so genial geworden ist, weil es einfach zur Lebenssituation der Band passte durch die Trennung. Zwar verneinten B+B den autobiographischen Charakter ihrer Songs mit einer Ausnahme, aber leugnen lässt sich nicht, dass einige Songs schon aus ihrer Lebenssituation erwuchsen.