Jetzt hat Agnetha zwei Lieder gesungen, einmal eine Ballade und einmal was Rockiges; nach Lied 7 übergibt sie an Anni-Frid mit demselben Auftrag. Anni-Frid nimmt die Herausforderung an!
Uns wird etwas mulmig - nicht weil wir Anni-Frid das nicht zutrauen, sondern erstens weil wir erschreckt bemerken, daß die Platte nur noch drei Lieder hat; zweitens, weil wir uns fragen: Was, bitte, soll ein Lied über Hummeln?? Hummeln im Hintern heißen im Englischen übrigens "ants in the pants", also Ameisen in der Hose; darum kann es also nicht gehen.
Es geht los: Holzbläser (Blockflöten? Oboen? Ich bin kein Spezialist) legen einen kuscheligen Klangteppich im Sechsertakt aus (6/8- oder 6/4-Takt, je nachdem wie man es notieren mag); dieser Rhythmus hat etwas Gelassenes, ruhig Fließendes. In einem der schönsten Musikwerke überhaupt, Mozarts Klarinettenkonzert, stehen Satz 2 und 3 in diesem Rhythmus (wer's nicht kennt: Ab nach Youtube, reinhören!!). Darauf legt sich Fridas Stimme in bequemer Mittellage, und sie singt - über die Hummel, die durch ihren Garten fliegt, und wie gerne sie ihr dabei zuschaut. In den nächsten Strophen wird das Thema leicht umgelenkt: Wie schade wäre es, wenn sich die Welt so verändern würde, daß Hummeln sich nicht anpassen könnten, und es irgendwann keine mehr gäbe. Sie beschreibt, wie sie einerseits jetzt sorglos in ihrem Garten den Hummeln zuhört und den Wolken zuschaut, und wie ihr andererseits die Leute leid tun, die später womöglich später keine Hummel mehr brummen hören. Ebenso ruhig wie am Anfang begleiten uns die Blockflöten (wohl doch) aus dem Lied heraus. Ein wohliges Lied, bei dem ich das Gefühl habe, daß Blutdruck und Puls jeweils um ca. 10 Punkte sinken; heilende Musik. Langweilen tue ich mich keine Sekunde; ich wollte gerade schreiben, daß das Lied kaum drei Minuten dauert, schaue gerade noch einmal nach - und siehe da, es sind fast vier. Hätte ich nicht gedacht.
Was haben ABBA hier gemacht? Nun, man hat ihnen immer wieder vorgeworfen, sie würden sich nicht gesellschaftlich engagieren, positionieren, etc. Abgesehen davon, daß sie die Rechte an einem ihrer größten Hits an UNICEF gespendet haben, sind sie klug genug, um zu wissen: Wenn ich nach der Holzhammermethode mit erhobenem Zeigefinger Belehrendes singe, schalten 80% der Leute ab. Und so machen sie uns hier ganz sanft darauf aufmerksam, daß wir aufpassen müssen; daß wir die Schönheit und Vielfalt der Natur nicht als selbstverständlich annehmen sollten. Das ist eine Gratwanderung, die ABBA hier - wie ich finde - bravourös meistern. Was sind Eure Eindrücke?
Rupert