Anne Sofie von Otter - I Let the Music Speak

  • Nach dem Hinweis auf die Deutsche Grammophon an anderer Stelle hab ich mir mal das Album von Anne Sofie von Otter wieder angehört. So ähnlich dürfte sich ja dann das Piano-Album auch gestalten, also aufwändiges Booklet in drei Sprachen und Hintergrundgeschichten…


    Dieses Album von Anne Sofie aus dem Jahr 2006 mit dem Titel I Let the Music Speak ist durchaus interessant und einmal mehr ein Beispiel dafür, dass bestimmte Hörgewohnheiten manchmal verhindern, dass ein Werk als das wahrgenommen wird, was es eben ist.


    Anne Sofie ist sicher eine hervorragende Sängerin, die durchaus adäquat für Bennys Kompositonen ist. Zwar mag für mich der Funke nicht so überspringen wie bei einer anderen… aber das ändert nichts daran, dass es ein sehr schönes Album ist. Vor allem die Songauswahl durch Anne Sofie ist bestechend, denn es gibt da eben nicht nur ABBA-Lieder, sondern auch etwas aus Chess und Kristina sowie von Bennys Solowerken. Etwa auch Stockholm By Night, das sich hier aber von einem Instrumental in ein Lied verwandelt und I Walk With You Mama heisst, mit Text von Björn… Somit wird Bennys Werk in einem Gesamtzusammenhang gesehen, auch wenn es nur einzelne Schlaglichter sind, doch hier stellen die diversen ABBA-Lieder und die späteren Werke keinen Widerspruch dar.


    Sehr charmant etwa I am Just A Girl aus dem so verkannten ersten Album… Natürlich ist sie nicht Agnetha, aber was solls, auch Jarl Kulle und Tommy Körberg haben das in ähnlicher Weise schon gesungen…


    Und bei den Musikern findet man etliche bekannte Namen. Vor allem Jojje Wadenius ist fast überall dabei, aber auch Mitglieder von BAO, Jörgen Stenberg oder Kalle Moraeus, und Benny spielt hier und da auch selbst…


    Ich liebe solche Experimente – aber das hier ist ja eigentlich viel mehr als ein Experiment. Anne Sofie von Otter ist als Schwedin natürlich eine von denen, die Bennys Werk in der richtigen Relation sehen können, und dieses dann einem größeren Kreis auch weltweit vermittelt hat. Vor allem solchen Hörern, die mit ABBA-Liedern sonst wenig anfangen können…


    Vielleicht wäre es ja sogar eine gute Idee, wieder mal etwas ähnliches zu machen, vielleicht Sissel oder Malena, oder wer weiss, Cecilia Bartoli oder Anna Netrebko – es müssten ja nicht mal Leute aus Skandinavien sein… Die Frage ist nur, könnten die dann einen solchen Zugang haben? Auf jeden Fall, das Album ist sicher wieder mal ein Anhören wert. I Let the Music Speak, der Titel ist Programm! :thumbup:

  • Dieses Thema ist im vergangenen Jahr völlig an mir vorbeigegangen, vielen Dank für die Anmerkung in dem anderen Thread.

    Zitat

    Ich liebe solche Experimente – aber das hier ist ja eigentlich viel mehr als ein Experiment. Anne Sofie von Otter ist als Schwedin natürlich eine von
    denen, die Bennys Werk in der richtigen Relation sehen können, und
    dieses dann einem größeren Kreis auch weltweit vermittelt hat. Vor allem
    solchen Hörern, die mit ABBA-Liedern sonst wenig anfangen können…

    Das sehe ich ähnlich. Wobei mir die ABBA-Versionen auf dem Album auch nicht wirklich gefallen, ich glaube fast, dass sie mir auch zu weit weg vom Original sind bei der Arrangementierung.
    Die Stimme ist sehr präzise und technisch wirklich auf bestem Niveau, bei dem einen oder anderen Titel packt mich das leider nicht so ganz. Aber es gibt wundervolle Titel auf diesem Album, wie eben auch I Walk With You Mama - wie ich schon schrieb, eines der besten Stücke, die Benny komponiert hat. Schön, dass es dieses tolle Stück nun auch mit Gesang gibt.
    Ich suche im Netz auch schon länger nach der englischen Version von Klinga Mina Klockor - Rowing On The Serpentine, was in einem Tribut-Konzert Mitte der 2000er Jahre unter Beteiligung von Björn und Benny aufgeführt wurde... leider scheint es da im Netz nichts mehr zu geben. Finde solche anderen Versionen, wie hier, sehr sehr interessant.

  • Für Anne Sofie von Otter als Person gibt es keinen eigenen Bereich, daher dachte ich, dass es hier am Besten reinpasst:
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    Mit großem Bedauern habe ich in der ZEIT Nr. 31 vom 26. Juli 2018 im Feuilleton ein Interview mit Anne Sofi von Otter gelesen, nicht anlässlich ihrer Musik sondern anlässlich des Selbstmordes ihres Ehemanns Benny Fredriksson, der sich am 17.03.2018 das Leben genommen hat, nach einer Hetzkampagne der Meiden, insbesondere der schwedischen Boulevard-Presse, gegen ihn.
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    Kurz zu dem Hintergrund:
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    Auch in Schweden ist die sogenannte #METOO Kampagne im vergangenen und diesem Jahr ein großes, die Medien dominierendes Thema gewesen. Im Rahmen der Kampagne sind aber auch Leute angeschuldigt worden, die nichts getan haben, aber im öffentlichen Leben standen und die aufgrund dieser Form von Rufmord ihre Jobs verloren haben, ihr Selbstwertgefühl und, so wie Benny Fredriksson, auch die Kraft, das Leben weiter zu leben...
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    Das Interview und der begleitende Artikel erklärt, dass Benny der leitende Intendant beim Stockholmer Kulturhuset war. Aftonbladet, die schwedische BILD-Zeitung, hat Anfang Dezember 2017 diffarmierende Artikel über den Führungsstil von Fredriksson publiziert und ihm vorgeworfen, dass er zugunsten von Erfolgen auch sexuelle Nötigung dulde. Konkrete namentliche Quellen wurden nicht genannt. Im Laufe des Monats nahmen auch die Zeitungen Expressen, Dagens Nyheter und Svenska Dagbladet die Meldungen auf. Die Artikel wurden einfach von der Meldung aus dem Aftonbladet abgekupfert und keine eigenen Recherchen in den Redaktionen angestellt.
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    Im öffentlichen Raum stellte sich kaum jemand auf die Seite von Fredriksson, aus Angst, in einen medialen Shitstorm gezogen zu werden, der sich bereit über Fredriksson gegenüber loyal eingestellten Personen gezogen hatte. Er bekam keine Rückendeckung aus der Politik, obwohl diese interne Untersuchungen angestoßen hatte und aus dem direkten Umfeld Fredriksson die volle Unterstützung zugesagt wurde. Man hatte Angst, dass eine öffentliche Loyalitätsbeurkundung einen Shitstorm gegen die eigene Person auslösen würde.
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    Fredriksson nimmt die Angriffe zunächst auf, hat aber immer mehr und mehr damit zu kämpfen und erklärt schließlich zum Schutz des Kulturhuset seinen Rücktritt. Damit wird er mehr und mehr unglücklich, obwohl er keine Schuld bei sich sieht. Reisen verbessern seinen Zustand nicht, in Gesprächen mit Psychologen spielt er diesen etwas vor. Innerlich ist er, der Jahrzehnte alles für seinen Job gegeben hat, zerbrochen. Er nimmt sich an besagtem März-Tag das Leben.
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    Ein eingesetzter Unterschungsausschuss kommt zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe der Presse gegenüber Benny Fredriksson haltlos sind. Ein Verfahren wird eingeleitet und die Zeitungen müssen Gegendarstellungen drucken. Konsequenzen werden bei den beteiligten Zeitungen nicht gezogen.
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    Ein nach Ergebnissen der Untersuchungskomission rehabilitierter Mensch, der ein glückliches Leben führte, mit beiden Beinen in seiner Arbeit, seiner Familie, seinem Leben stand, hat die Welt aufgrund der Hasstiraden und Lügengeschichten einer Zeitungsredaktion verlassen und den Freitod als einzigen Ausweg gesehen.
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    Das passiert, wenn Fakten nicht gründlich recherchiert sind, wenn aus sachlicher Diskussion Hass auf persönlicher Ebene übertragen wird und wenn Sensationslust und Auflage wichtiger als seriöser Journalismus sind. Es passt wunderbar zu der Rede von Björn vor der EBU im Frühjahr, es passt aber im übertragenen Sinne auch zu dem Klima, dass hier einige in diesem Forum bei Diskussionen an den Tag legen. Das sind hier alles nur Texte, weiß auf schwarzem Grund, aber vor den Monitoren sitzen Menschen, die diese Texte aufnehmen und emotional verarbeiten und darauf reagieren.
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    Vielleicht ist das ein Gedankenanstoß, der ein wenig Dampf aus der aktuellen Haltung vieler hier nehmen kann.
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    Ich finde es sehr erschreckend, dass es auch in den Medien freier, demokratischer Gesellschaften durch dieses Abschreiben und fehlende seriöse Recherche zu so einer Treibjagd kommen kann. Es braucht wohl wieder eine grundsätzliche gesellschaftliche Diskussion darüber, wie Menschen miteinander umgehen und wie über Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, berichtet werden darf.

  • es passt aber im übertragenen Sinne auch zu dem Klima, dass hier einige in diesem Forum bei Diskussionen an den Tag legen. Das sind hier alles nur Texte, weiß auf schwarzem Grund, aber vor den Monitoren sitzen Menschen, die diese Texte aufnehmen und emotional verarbeiten und darauf reagieren.


    Diesem Statement von Daniel kann ich mich in seiner kompletten Aussage anschliessen......


    Hier hat man noch den "Vorteil", dass man relativ anonym agiert mit einem Nick, aber von der sachlichen Aussage macht es keinen Unterschied......


    Leider werden seit geraumer Zeit die verschiedenen konträren Diskussionen von einigen wenigen Usern nicht mehr auf der sachlichen und vom Thema bestimmten Ebene geführt, sondern dies wird ersetzt durch personenbezogene diskriminierende und verletzende Angriffe, die mit der eigentlichen Sache und dem eigentlichen Thema nichts mehr zu tun haben


    Daher ist es gut, dass es User wie Daniel gibt, die dann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und das dann auch thematisieren und anprangern.....


    Persönliche Angriffe sind ein Zeichen von Schwäche, von fehlenden Argumenten und möglicherweise auch von intellektueller Hilflosigkeit..........


    Den "Vorteil" der "Anonymität" hatte Benny Fredriksson leider nicht..........Er wurde von allen ganz offen fertiggemacht........Er wurde, auch im Zuge der MeToo-Debatte, von vielen Seiten diffamiert.......Und sehr schnell aalten sich alle sehr schnell darin, die Integrität von Benny Fredrisksson zu zerstören ....


    Eine faire Recherche ??.........Uninteressant......Warum sich diese Mühe machen ??


    Einen sachlichen Umgang mit Herrn Fredriksson, für den wie für alle zuerst einmal die Unschuldsvermutung gelten sollte, bis seine Schuld nachgewiesen ist ???........Uninteressant........Warum sich unpopulär machen ??


    Und so haben viele mitgemacht........Viele Zeitungen und viele Menschen aus dem Volk, die das Thema gerne angenommen haben........


    Ja, viele haben mitgemacht........Finanzielle Profiteure genauso wie sogenannte Gutmenschen........Warum abwarten, bis die Schuld von einem Menschen wie Benny Fredriksson erwiesen ist ???..........Brauchen wir nicht..........


    Der einzige Unterschied zu der von früher bekannten Lynchjustiz ist derjenige, dass man sich nun nicht mehr selbst die Hände schmutzig machen muss.......


    Sexuelle Verbrechen, sexuelle Belästigungen und auch Sexismus müssen konsequent verfolgt und gebrandmarkt werden.........Übrigens sowohl was Frauen als auch was Männer betrifft, die immerhin auch zu etwa 10-15 Prozent Opfer sind.......Insofern hatte die MeToo-Debatte zunächst auch einen sehr großen Wert und eine große Notwendigkeit..........Aber dann entwickelte es sich wie so oft in der Geschichte der Menschheit :......Etwas an sich Gutes wurde aus egomanischen Gründen missbraucht........Es entstanden förmliche Hetzjagden........Sexuelle Verbrechen, sexuelle Belästigungen und Sexismus wurde plötzlich in einen Topf geworfen........Der sexistische Spruch eines Politikers und eine Vergewaltigung wurden plötzlich über einen Kamm geschert .........Aber das schlimmste war:..........Es wurde überhaupt nicht mehr nach der Schuld gefragt........Die Unschuldsvermutung, die für jeden bis zu der erwiesenen Schuld besteht, wurde einfach außer Kraft gesetzt.........Schon ein bloßer Entrag bei MeToo reichte aus, um die Existenz eines Menschen zu zerstören......egal, ob er auch wirklich etwas getan hatte oder nicht.


    Die komplette Zerstörung seiner persönlichen Integrität konnte der unschuldige Benny Fredriksson nicht mehr ertragen und wählte den Freitod..........Auch das ist ein Ergebnis von MeToo.......Und alle, die sich an der Hetze beteiligt haben, haben sich mitschuldig gemacht.......Medien genauso wie normale Bürger......


    Eine tragisches und beschämendes Zeugnis unserer Zeit.....


    Das bringt mich wieder zu unserem Forum zurück........


    Hier agieren wir alle mehr oder weniger anonym, wodurch sich die persönlichen Diffamierungen in Grenzen halten......Aber besser werden sie dadurch nicht.........


    Wer hier andere persönlich beschimpft und diskreditiert, der macht sich auch schuldig...........


    Es wäre schön, wenn alle User dieses Forums dabei mithelfen würden, darauf aufzupassen, wenn hier Diskussionen die sachliche und thematische Ebene verlassen und ins diffamierende persönliche überwechseln......

  • Diese Geschichte um Benny Fredriksson kannte ich leider noch nicht, aber ich muss sagen das ist wirklich erschütternd. Hier sieht man wieder mal, welche Macht die Medien ausüben können, allerdings im negativen Sinn. Und das nicht etwa in einer Bananenrepublik, sondern in Schweden – wobei es in anderen zivilisierten Ländern wohl auch so läuft…


    Da ist ja das was Agnetha durch die Presse erdulden musste, vergleichsweise harmlos, aber andererseits steckt wohl nicht jeder oder jede solche Angriffe einfach weg…


    Es ist wirklich gut und sinnvoll, alles zu hinterfragen was einem so aufgetischt wird. Und da geht es eben nicht nur um solche Hypes wie das neue Album von Cher, das doch angeblich so toll ist.

    Aber man kann das durchaus auch auf die Gruppendynamik übertragen, die in einem solchen Forum wie unserem entsteht. Hier können wir noch froh sein dass das alles in einem eher kleinen Rahmen abläuft.


    Ich musste mir nach dieser Meldung auch das Album von Anne Sofie von Otter wieder mal anhören. Es ist ein tolles Album, das man natürlich nicht mit ABBA-Maßstäben messen kann, weil Anne Sofie eine völlig andere Stimme hat. Ich finde, man muss an alle Cover-Versionen mit einer offenen Einstellung herangehen und nicht davon ausgehen, was Agnetha und Frida damals gemacht haben. Es wäre ja auch langweilig, wenn eine Coverversion bis ins letzte Detail versuchen würde, wie das Original zu klingen. Allerdings, was ich von Cher bisher gehört habe, da muss ich sagen, da gefallen mir diese Lieder mit Anne Sofie viel besser, allein schon die Auswahl ist viel tiefgründiger.


    Ich wünsche Anne Sofie viel Kraft in dieser schweren Zeit…

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