Agnethas unkonventionelle und spannende Form des Komponierens

  • Ich habe dieses Thema in einem anderen Thread schon mal kurz gestreift, fand es aber interessant, darüber auch mal einen eigenen Thread zu eröffnen...


    Und zwar geht es um die außergewöhnliche, unkonventiinelle, spannende und auf ihre Art geniale Art des Lieder Komponierens von Agnetha, die sich ganz exorbitant von der Art des Komponierend z.B. von Benny und Björn unterschied.......und die ich hier mal kurz thematisieren will......


    Wenn Benny und Björn ihre Lieder komponiert haben, dann haben sie erst eine Melodie kreiert, haben diese perfektioniert und erst zum Schluss wurde sie mit einem Text versehen, durch Björn oder anfangs auch durch Stig.......und während beide dem Text anfangs nur relativ wenig Bedeutung beigemessen haben, hat sich das dann später geändert, jedoch blieb es immer dabei, dass zuerst eine Melodie ohne jeglichen Text komponiert wurde........Und das entspricht eigentlich auch der herkömmlichen Art des Komponierens, wo man dann aber nach dem Komponieren der Melodie nicht weiss, wie sich ein Lied gesungen (bezogen auf den Text) anhören wird


    Agnetha komponierte ihre Musik fast immer bereits in einer fertigen textlichen Klangform, indem sie englische Fantasy-Texte auf diese Musik sang, und hier bereits die jeweilige Melodie an eine bestimmte Klangform der Worte band......Das heisst, sie hat dabei die markanten Stellen der Lieder und die Refrains bereits genau mit der Klangform versehen, wie sie sich auch später gesungen anhören sollten.....Nachdem dann das jeweilige Lied fertig komponiert war und auch gleichzeitig mit einem englischen Fantasy-Text versehen war, versuchte sie dann selbst oder ein entsprechender Texter, den inhaltlichen schwedischen Text an diese Lautform der Worte des Phantasy-Textes anzupassen


    Agnetha komponierte ihre Musik also in einer Form, die praktisch die Lautschrift des Liedes schon vorgab und mit dem sie die Melodie des Liedes komponierte.....


    Eine extrem schwierige und anspruchsvolle Art des Komponierens, aber gerade für eine Singer/Songwriterin, die ihre eigenen Lieder singt, auch eine geniale Art des Komponierens-....


    Am besten kann man das ganze verstehen, wenn man sich einige Beispiele aus Agnethas Liedern vor ABBA anschaut........


    Mitte Januar 1974 komponierte Agnetha beispielsweise die Musik für ein Lied, dass sie mit dem englischen Refraintext I LOVE A MAN versah..........Aus diesem Lied wurde dann das Lied........ÄR DU SOM HÄN.....Wie man also ganz unschwer erkennen kann, handelt es sich hier praktisch um die identische Lautschrift.........Wobei es so war, dass Agnetha, sofern sie ein Lied in schwedisch nicht alleine textete, fast immer die Thematik des Textes vorgab, den sie dann mit Björn, Bosse Carlgren oder einem anderen Texter besprach und dieser Texter......oder auch Agnetha selbst......brachten dann den schwedischen Text, der sich an die Lautschrift des bereits komponierten Liedes ausrichtetete, in die inhaltliche und reimende Form.....


    Nächstes Beispiel ist das grandiose DA FINNS DU HOS MIG vom När En Vacker-Album, das in seinem Text die markante Stelle ATT DU FINNS HOS MIG (Aussprache MIG = MEJ) enthält.......Auch dieser Text glich sich an die vorherige Klangform des englischen Fantasytextes von Agnetha, die hier lautetet WHAT DO YOU CAN SAY......also auch hier die nahezu exakt gleiche Lautschrift bzw. Klangform....


    Im Februar 1974 komponierte Agnetha ein Lied mit dem Titel und Refrain WHAT ABOUT ME........Auch hier das gleiche Prinzip, das Lied wurde schwedisch getextet mit dem Titel VAR DET MED DEJ


    Diese Form der Klangvorschreibung bezog sich aber nicht nur auf Titel eines Liedes oder Refrain, sondern auf alle markante Stellen eines Liedes, die für ein Lied bedeutend waren.......So textete Agnetha ihr ironisches GULLEPLUTT in seiner markantesten Stelle mit dem Text LET IT BURNING, LET IT BURNING (wäre auch ein spanneder Endtext gewesen)......der schwedische Reintext, der an diesen Phantasy-Text angepasst wurde hiess dann LUGN I STÖRMEN, LUGN I STÖRMEN


    Ein weiteres der großen Lieder auf dem ELVA KVINNOR-Album war das geheimnisvolle EN EGEN TRÄDGARD.......das in Agnethas englischem Fantasytext die Textstelle YOU LIVING OLD und dann später die Textzeile I CAN'T LET THE MAN GO hatte.........Daraus wurde schliesslich im fertigen schwedischen Text NU ANTLIGEN ALLT und dann die Titelzeile des Liedes, SKA FAR SER MIN TRÄDGARD (Aussprache TRÄDGARD = TREDGO ) hat.....


    So gibt es weitere unzählige Beispiele aus vielen Kompositionen von Agnethas Liedern.......


    Agnetha hatte also beim Komponieren schon eine ganz genaue Vorstellung, wie das Lied sich GESUNGEN anhören sollte.........


    Wie gesagt.....im Prinzip eine absolut geniale Art des Komponierens, wie ich finde,....gerade dann, wenn man das Lied später auch selbst singt.....


    Vorteile und Nachteile dieser Art des Komponierens liegen auf der Hand........


    Ein Vorteil ist natürlich eine perfekte Symbiose von Melodie und Text wie sie genialer nicht sein kann......Melodie und Text sind eine absolute Einheit und verschmelzen praktisch zu einem einzigen Werk.....Es ist eine extrem anspruchsvolle, intelligente und sehr schwierige Art des Komponierens.......Aber gerade für jemand, der seine eigenen Kompositionen auch selbst interpretiert eigentlich die perfekte Form des Komponierens....


    Ein Nachteil ist natürlich, dass diese Art des Komponierens extrem aufwändig und schwierig ist......gerade auch dann, wenn noch ein zweiter Texter hinzukommt......


    Hier war Bosse Carlgren für Agnetha ein sehr guter Partner bezüglich der Lyrics, da er sich sehr gut auf ihre Arbeitsweise einstellen konnte......


    Agnetha hat diese Arbeitsweise auch später beibehalten, auch wenn sie dann nach ABBA nicht mehr so viele Eigenkompositionen veröffentlicht hat.....


    Aber diese Arbeitsweise und diese Fähigkeit, die Lieder innerhalb ihrer Klangformen zu sehen, haben Agnetha auch später bei jenen Aufnahmen inspiriert, bei denen es sich nicht um Eigenkompositionen handelte........Bestes Beispiel ist hier das Lied THE ONE WHO LOVES YOU NOW vom Album "A", das ja eines von 3 Lieder war, die bereits vor der Entscheidung Agnethas, ein neues Album aufzunehmen, komponiert waren.....Als Agnetha das Lied an diesem denkwürdigen Abend bei sich zu Hause auf Ekerö mit Jörgen Elofsson und Peter Nordahl zum ersten Mal hörte, war sie davon begeistert, wusste aber sofort, dass sie das Lied komplett anders singen würde, als dies Janet Leon tat, die das Lied für Jörgen Elofsson auf Demo-Band aufgenommen hatte.......Sie hatte praktisch sofort die Klangform im Ohr, wie sie dieses Lied singen wollte..........Sie sang es dann komplett anders......so wie wir es kennen........Janet Leon sang übrigens später im Backgroundchor auf "A" mit, da Agnetha ihre Stimme trotzdem gefallen hatte.


    Das war so mal ein bisschen in der Kürze solch eines Postings dieses Thema angerissen........wie ich finde ein durchaus interessantes Thema.....


    Was habt ihr so eine Meinung über diese Technik ??.....Weitere Meinungen zu dieser Thematik wären interessant.......

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