?The Change? - Ein MUSS für jeden Schweden Fan und für Liebhaber guter Musik.
Als Marie Fredriksson mit Per Gessle 1986 Roxette gründete, zählte sie infolge ihrer erfolgreichen Solowerke ?Het vind? (1984) und ?Den sjunde vagen? (1985) bereits zu den populärsten schwedischen Sängerinnen. Auch nach ?The Look?, jenem Megahit, der 1989 den internationalen Siegeszug von Roxette auslöste, fand die sympathische Künstlerin, die allein in den 80ern viermal zur besten schwedischen Rockvokalistin gewählt wurde, gelegentlich die Zeit für einen Sologang - zuletzt 1996 mit ?I en tid som var?. Gleichwohl gab es bislang kein englischsprachiges Soloalbum von der weiblichen Hälfte des beliebtesten schwedischen Popexports seit ABBA. Jetzt hat Marie Fredriksson gemeinsam mit ihrem Mann, dem Komponisten, Keyboarder und Produzenten Mikael Bolyos, sowie einigen der besten Musiker Schwedens mit ?The Change? ihr erstes englischsprachiges Soloalbum aufgenommen. Der Titel steht für den massiven Einschnitt in ihr bisheriges Leben, nachdem sie vor zwei Jahren mit der Diagnose Gehirntumor konfrontiert worden war.
?Suddenly the Change was here / Cold as ice and full of fear / There was nothing I could do / I saw slow motion pictures / Of me and you...? (The Change)
Mittlerweile hat sie die Krankheit nach Operation und langwieriger Nachbehandlung besiegt und ihre Erfahrungen aus den zurückliegenden Monaten in die Songs ihres neuen Albums einfließen lassen. Persönliche, ja autobiographische Texte sind nichts Ungewöhnliches für die 46-jährige, welche die Arbeit mit Ehemann Mikael Bolyos an ihrem neuen Soloalbum in der gemeinsamen Stockholmer Villa als ?ein unglaublich cooles und fantastisches Gefühl, das ich nur schwer in Worte fassen kann? bezeichnet. Auf ihrem dritten Album, ?Efter stormen? von 1987, das sich in Schweden über 200.000 Mal verkaufte, hatte sie bereits ein Lied über ihren verstorbenen Vater gesungen: ?Om du såg mej nu? (Wenn Du mich jetzt sehen würdest). Und auf ihrem vierten Solowerk, dem 1992 veröffentlichten schwedischen Bestseller ?Den ständiga resan?, schilderte sie in einer Art Tagebuch die Schattenseite des Erfolges mit Roxette.
Dennoch: So freimütig wie bei ?The Change? hat sie noch nie ihre innersten Empfindungen und Gedanken auf einem Album offen gelegt: ?Ich wollte meine Gefühle mit meinen Fans auf der ganzen Welt teilen, deren Rückhalt mir während meiner Krankheit sehr geholfen und viel Kraft gegeben hat. Zwar gab es Momente, in denen ich dachte, ich würde nicht die Stärke finden, das Album zu vollenden, aber Schritt für Schritt habe ich es dann doch geschafft.?
Trotz der ernsten Thematik und eindringlicher Texte, die von Emotionen wie Furcht und Verzweiflung, Wut und Zorn handeln, ist ?The Change? kein düsteres Album. Im Gegenteil: Marie Fredriksson zelebriert - und das nicht nur in der furiosen ersten Single ?2:nd Chance? - die Lust am Leben. ?Eine zweite Chance, das ist haargenau mein Gedanke, wenn ich aufwache. Ich bin für jeden Tag unendlich dankbar.?
Entsprechend positiv klingt die Musik. Prachtvolle Rocksongs, darunter ?All You've Gotta Do Is Feel? und ?Love To Live?, die man durch ihr 70er-Jahre-Flair ohne Übertreibung als klassisch bezeichnen kann, wechseln sich ab mit R&B-betonten Titeln wie ?April Snow? und fesselnden Balladen wie ?Mother? und ?A Table In The Sun?: ?A table in the sun is all I want / Just want to slow down and rest my heart / So many tears so much fear / So much happened in the last two years / No rain, no sorrow, the bad days are over / The sun is shining through / Even November days, too / So much we've learned, a whole new world / Thank God I'm saved / I'm still cruising The Seventh Wave...?
Ein weiterer Höhepunkt des Albums ist die gelungene Neufassung von Sacha Distels Chanson ?The Good Life? (?La Belle Vie?) mit einem geschickten Spiel der Gegensätze zwischen der charmanten Melodie, einem losen Walzertakt und einem ungemein schroffen Gitarrensolo. Andere Titel wie ?All About You? zeigen einmal mehr Marie Fredrikssons Talent für vortrefflichen Pop. Allerdings sind die Uptempo-Stücke, die Mikael Bolyos seiner Frau auf die Stimmbänder geschrieben hat, in der Minderzahl. Wie bei ihren zurückliegenden Soloalben zeigt sie sich auch auf ?The Change? als Sängerin und Songschreiberin, die großen Wert auf hochgradig atmosphärische Songs legt. Ein besonders stimmungsvolles Juwel im angenehm melancholischen Gewand ist die vollorchestrierte Version des Titelstücks ?The Change - Orchestra?. Einen eindrucksvolleren Schlussakkord hinter eine Sammlung bewegender Songs als diese gravitätisch gesungene Ballade hätte Marie Fredriksson kaum setzen können. ?The Change? markiert nicht nur einen persönlichen Sieg über eine grausame Krankheit, sondern auch einen Sieg über das allgegenwärtige musikalische Mittelmaß. Kein Wunder, dass die schwedische Presse Marie Fredrikssons Comeback einen Triumph in jeder Hinsicht nennt und das Album bereits vor Veröffentlichung aufgrund der Vorbestellungen des Handels in Schweden Goldstatus erreicht hat.
Flankiert wird die Albumveröffentlichung in Schweden von der TV-Ausstrahlung einer Dokumentation, die Mikael Bolyos während Marie Fredrikssons Genesung gedreht hat. Der Film, der wie ?The Change? allen Menschen Mut macht im Kampf gegen Krebs, soll auch in anderen Ländern gezeigt werden, in denen das Album veröffentlicht wird.