Bericht und Rezension: A4u (Tribute Show mit ABBA For You) in Hamburg

  • Überraschungs-Rezension: A4u, Tribute Show mit ABBA For You, Hamburg, Laeiszhalle (Kleiner Saal), 30.01.2015



    Es begab sich aber an jenem Donnerstag, dem 29. Januar 2015, da ich mich zur nächstgelegenen Vorverkaufsstelle begab, eines der letzten noch verfügbaren Tickets mit guter Bühnensicht für ABBA – The Show zu erstehen.


    Ich war gerade dabei, das Ticket – für den allerletzten noch verfügbaren Platz im vorderen mittleren Teil des Parketts – zu bezahlen, da fiel mein Blick auf eine Veranstaltungsliste, die zwischen anderen Papieren neben dem Monitor an der Kasse steckte. In einer Zeile stand etwas von einer "Tribute Show mit ABBA For You". In der Laeiszhalle. Am 30. Januar. Also schon am nächsten Tag.


    Nun ja, ich hatte gerade Geld ausgegeben für eine ABBA-Tributeband, und es waren nur etwas mehr als 24 Stunden bis zu dieser Show, die kaum irgendwo promotet worden war, jedenfalls hatte ich nichts davon erfahren. Ich entschied mich dagegen, gleich auch noch ein Ticket für diese Veranstaltung dazuzukaufen, das hätte etwas seltsam ausgesehen. Bei so geringer Werbung, so schloß ich, wird die Show sicherlich nicht ausverkauft sein; wenn ich also hinginge, würde ich mich der Abendkasse bedienen. Zu dem Zeitpunkt war ich mir aber noch nicht einmal sicher, ob ich überhaupt hingehen würde.


    Am Donnerstagabend recherchierte ich zunächst einmal die auftretende Gruppe. Sie heißt nicht "ABBA For You", sondern A4u, was im Grunde dasselbe meint, aber nicht ausgeschrieben ist. Wenn die wirklich "ABBA" im Namen tragen würden, müßten sie immens Lizenzgebühren dafür zahlen, sofern es ihnen überhaupt gestattet würde. Jedenfalls war es nicht so schwierig, über sie etwas in Erfahrung zu bringen, wie bei der Truppe aus Lübeck, denn A4u haben eine – wenngleich etwas unübersichtliche – Website.


    Diese Website verriet mir ein paar Dinge über die Gruppe. Zum einen war es wieder eine überwiegende Playback-Veranstaltung – A4u sind nicht wirklich eine Band, sie sind nur vierköpfig, lassen also unter anderem einen Schlagzeuger und einen Bassisten vermissen, sie treten sogar nur zu viert auf. Also muß wieder alles, was auf der Bühne an Musikern fehlt, per Audio-Zuspielung ergänzt werden. Das hatte ich ja schon in Lübeck, aber nicht in dem Umfang, daß auch die halbe Rhythmusgruppe fehlt.


    Zum anderen ist diese Gruppe aus irgendeinem Grunde mehrfach preisgekrönt. Der GEDU-Verlag hat sie 2006 und 2009 europaweit zum "Künstler des Jahres, Sparte Revival-Bands" ernannt, außerdem bekam sie 2007 den Fachmedienpreis. Noch einmal: Eine Playbackshow hat Auszeichnungen im europaweiten Vergleich eingeheimst, als wenn es ABBA – The Show und Arrival from Sweden nicht gäbe. Soll das implizieren, daß sie besser sind als diese beiden? Noch dazu hatten sie schon diverse TV-Auftritte – paßt eigentlich, denn wann wird heutzutage im Fernsehen noch wirkliche Livemusik gemacht, sofern es nicht auf 3sat zu Silvester ist?


    Erst am Freitag, also dem Tag der Veranstaltung, beschloß ich: Ich gehe hin. Ich mache die ABBA-Tribute-"Dreierkette" innerhalb eines Winters (die bereits rezensierte Show A Tribute to ABBA knapp zwei Wochen zuvor in der Lübecker MuK, diese Show und ABBA – The Show) komplett, sofern mir nicht noch eine vierte Veranstaltung über den Weg laufen würde.


    Dieses Mal war ich schlauer als in Lübeck: Ich trug dafür Sorge, daß ich während der Veranstaltung Notizen machen konnte, damit ich mich nicht ausschließlich auf mein Gedächtnis verlassen mußte. So hoffte ich, mehr zu konkreten Songs ausführen zu können.


    Das mit der Abendkasse war im nachhinein keine schlechte Idee. Ich erstand ein Ticket im seitlichen Parkett mit leidlich guter Bühnensicht, das im Vorverkauf 69 € gekostet hatte, für nur 40 €. Zumindest sah ich, was ich sehen mußte.


    Es klingt auf den ersten Blick beeindruckend, daß eine ABBA-Tributeband in der Laeiszhalle auftritt, in der an Unterhaltungsmusik sonst nur sehr Hochkarätiges zu sehen ist. Allerdings fand A4us Veranstaltung statt im sogenannten "Kleinen Saal", der einen separaten Eingang und eine entsprechend nicht unbedingt überwältigend große Bühne hat. Eine ortsfeste PA hat der eher für akustische Musik gedachte Saal nicht. Statt dessen sorgte eine PA für den mäßigen Klang, die eher wie das Mitbringsel einer Tanzband als wie Laeiszhallen-Inventar anmutete: Beiderseits der Bühne waren jeweils zwei Electro-Voice-Satelliten gemeinsam auf ein Stativ montiert, das in einem Subwoofer unbekannter Provenienz steckte. Mit glitzernden Höhen war da nicht viel, aber vielleicht bin ich zu sehr verwöhnt von Konzerten eines Künstlers, der sich seine eigene Spezial-Highend-PA hatte entwickeln lassen.


    Auf der Bühne selbst fand sich mehr Lichttechnik als Musikinstrumente. Vier Moving Heads waren an verschiedenen Stellen der Bühne auf kurzen Traversenstücken aufgestellt, an denen vorne zusätzlich zum einen ein LED-Balken und zum anderen eine ausgesägte fünfblättrige Blüte in verschiedenen Farben angebracht waren, bei letzteren war jedes Blatt zusätzlich mit einer 7"-Single diverser Interpreten dekoriert, vermutlich alte Jukeboxware, zu der die Hüllen längst nicht mehr existierten, die somit also billig zu haben war. Das übrige Licht bestand aus den obligatorischen über der Bühne hängenden PAR-Kannen mit Farbfolien.


    Wie gesagt, Schlagzeug und Baß fehlten gänzlich. Zur Linken (vom Publikum aus) waren zwei Gitarren aufgeständert, eine akustische und eine elektrische. Was mich mehr interessierte – und tatsächlich einen näheren Blick wert war –, das war die ABBA-typisch zur Rechten angeordnete Tastenabteilung für "Benny".


    A4u hatten tatsächlich ein Yamaha CP-70B aufgefahren, einen (einigermaßen) mobilen elektrischen Flügel, wie unter anderem auch Benny Andersson ihn selbst einsetzte – bei den 1979er Konzerten, u. a. in Wembley, waren zwei davon auf der Bühne. Aber: Das Ding war nicht angeschlossen. An überhaupt nichts. Die Ausgänge auf der linken, also sogar Teilen des Publikums zugewandten Seite waren alle vier unbelegt. Dafür saß in diesem Anschlußfeld fast mittig eine kleine orange Leuchte, die vor sich hin leuchtete, da aber nicht hingehörte. (Nein, auch der Patch-Ausgang am Bedienpaneel wurde nicht statt dessen als Ausgang verwendet.) Das Anschlußfeld auf der rechten Seite des Flügels enthält den Anschluß für das Netzteil – auch dieser war nicht belegt, so daß das ganze Instrument nicht einmal unter Strom stand. Die rote Kontrolleuchte war durch eine orange von der Art derer zwischen den Ausgängen ersetzt worden; beide waren offensichtlich batteriebetrieben.


    Auf dem CP-70B war ein weißes Masterkeyboard drapiert, das ich beim besten Willen nicht identifizieren konnte. Der einzige Markenname auf dem Gerät war ein Werbesticker des Mikrofonherstellers Shure (der wie bei gefühlten 99% aller Live-Konzerte auch hier sämtliche Gesangsmikros stellte), und Shure baut keine Keyboards. Jedenfalls war es ein augenscheinlich sehr leichtgewichtiges, miserabel verarbeitetes Exemplar (vermutlich irgendeine Hausmarke eines Händlers, made in China), das einen USB-Anschluß a) als MIDI-Leitung, b) zur zusätzlichen Verwendung als Audio-Interface und c) als einzig mögliche Energiequelle hatte. Hier war zur Abwechslung eine grüne Leuchte eingebaut, die ebenfalls aus einer Batterie gespeist wurde – denn der USB-Anschluß war unbelegt, also war das Keyboard selbst genauso stromlos wie der E-Flügel. Dafür waren alle vier Klinkenbuchsen (zwei Audio-Eingänge, zwei Audio-Ausgänge) belegt. An einem hing das einzige Kabel, das bis zum Boden ging, und das wiederum gehörte zu einem Sustainpedal, dergleichen eigentlich am CP-70B hätte angeschlossen sein müssen. Von den anderen drei aus gingen Kabel in eine ominöse kleine schwarz-silberne Box, in denen sie ohne Anschlußbuchsen direkt endeten – sollte wohl eine Drahtlosverbindung vorgaukeln.


    Hinten am rechten Bühnenrand war ein drittes Tasteninstrument abgelegt, das überhaupt nicht zu ABBA paßte: eine Keytar. Ein schmuckes, relativ seltenes rotes Yamaha KX1, eins der wenigen Umhängekeyboards mit Aftertouch (warum eigentlich) und Yamahas einzige je gebaute Keytar mit normal großen Tasten. Wie ich später sehen sollte, war auch das nur Show. Die meisten Keytars können auch mit Batterie betrieben werden, das nützt aber herzlich wenig, wenn das MIDI-Kabel, das in die Keytar gestöpselt ist, irgendwo im Tragriemen endet statt in einem Wireless-MIDI-Sender oder gar in etwas Stationärem, das MIDI-Signale verarbeiten kann.

  • Irgendwann begann die Show dann mit einem komplett zugespielten Intro. Dieses allerdings verlieh der ganzen Veranstaltung den Anstrich einer Art generischen 70er-Jahre-Retro-Revue, denn es wurde einiges an typischer bis klischeehafter 70er-Jahre-Musik angespielt – durchweg sehr lang übrigens, so daß dieses Intro sich über mehrere Minuten erstreckte –, darunter aber kein einziger ABBA-Song.


    Schließlich kamen A4U auf die Bühne in Kostümen "inspired by ABBA" (also meines Wissens keine Repliken tatsächlicher ABBA-Kostüme), begleitet vom geloopten Intro von "Head Over Heels", direkt vom Album genommen. "Björn" trug, das sei an dieser Stelle vermerkt, eine herzlich wenig glitzernde "Sterngitarre", eine grobe Nachbildung von Björns originaler Malmberg-Customgitarre, aber mit drastisch vereinfachter Technik (1 diagonaler Single Coil kurz vor der Bridge statt der 2 Humbucker im Original). Das in der Gitarre steckende Klinkenkabel führte irgendwo in Richtung von "Björn"s Rücken; seine Kleidung ließ nicht erkennen, ob da ein Wireless-Sender angebracht oder das freie Kabelende an der Hose befestigt und somit neben sämtlichen auch die Gitarre funktionslos war.


    Kurzum: Von der Instrumentenseite her hatten wir es mit Vollplayback zu tun.


    Zumindest die Mikrofone waren definitiv angeschlossen – allesamt hundsordinäre Shure SM58, wie sie einem jeder Backliner vor die Nase stellt, und natürlich am Kabel, was auch schon mal hinderlich wurde. Natürlich haben alle vier gesungen und das nicht mal schlecht, wobei gerade "Agnetha" in sehr große Fußstapfen treten mußte, die ihr manchmal zu groß waren. So manches Mal wurde auch umarrangiert, mußte gar umarrangiert werden, aber A4u geben selbst zu, daß auch sie vor der Aufgabe, den originalen ABBA-Sound zu replizieren, kapituliert haben, indem sie von sich selbst sagen, sie übertragen die Musik von ABBA ins 21. Jahrhundert. Sie versuchten folglich gar nicht erst, wirklich wie ABBA zu klingen, schon gar nicht so detailversessen, wie es andere Tributebands besonders im Progressive-Rock-Bereich tun (The Musical Box, The Australian Pink Floyd Show und so ziemlich jede Rush-Tributeband, die es gibt).


    Entsprechend fielen die Audio-Backings aus. Die hatte ich schon bei A Tribute to ABBA kritisiert, aber das wurde hier noch einmal unterboten. Einige Backings klangen, als hätte man irgendwelche kommerziellen MIDI-Files direkt von der dazugehörigen Alleinunterhalter-Hupe aufgezeichnet. Andere hörten sich an wie 90er-Jahre- oder bestenfalls Frühe-Nuller-Jahre-Dance-Remixes; frei nach dem Motto: Den Original-ABBA-Sound kriegen wir nicht hin, also machen wir was halbwegs eigenes, und um das zu rechtfertigen, bauen wir ein bißchen auf House/Eurodance um. Preisklasse "Give It Up" von Cut 'n Move, falls das noch einer kennt. Zu keinem Zeitpunkt klang es, als wäre da wirklich ein ambitionierter Soundtüftler herangegangen. Zumindest enthielten die Backings bei vielen Songs im Refrain zusätzliche Gesangsspuren, um den Live-Gesang noch weiter anzufetten – im Studio sind ABBA ja später ähnlich vorgegangen, und mit Gesang ist das so einfach zu machen, daß man sich schon wundern muß, wenn eine Band, die Backings verwendet, das nicht macht.


    Die Gruppe hörte sich selbst nur über zwei am vorderen Bühnenrand liegende JBL-Monitore. Die Backings wiederum waren einfache Stereo-Audiodateien, womöglich gar nur MP3s. Zum einen hörten die vier also genau das, was auch das Publikum hörte; es gab keine zusätzlichen Spuren, etwa eine Klickspur zum Einzählen der Backings. Zum anderen verwendeten sie im Gegensatz zu den Kollegen in Lübeck kein In-Ear-Monitoring; es gab wahrscheinlich gar keinen Monitormix (das habe ich beim Abchecken des Saalmischers nicht überprüft – Yamaha EMX5016CF; bitte, wer nimmt einen Powermixer bei so einer Veranstaltung als FoH), und A4u und Publikum hörten immer dasselbe. Folglich kamen sämtliche Einzähler (geschlossenes Hi-Hat oder auch mal schlicht und ergreifend Metronom-Klicken) auch aus der PA. Jeder mit Profi-Ambitionen würde alles tun, um das zu vermeiden; was wir hier hörten, war Hinterhof-Amateur-Niveau.


    Ein trauriges Bild gab der Einsatz der Instrumente ab, zumindest aus den Augen eines Musikers, wie ich einer bin. Auf die Art, wie "Benny" hinter den Tasten herumhampelte, so daß das leichte Masterkeyboard oben auf dem Elektroflügel herumsprang, hätte er nie sauber spielen können, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Nicht nur das, sondern oft genug und um so mehr, je weiter die Show fortschritt, korrelierten seine Bewegungen an den Tasten nicht mit dem, was zu hören war; das heißt, was er auf dem Masterkeyboard und auf der Keytar spielte, hatte überhaupt nichts mit dem Gehörten zu tun. Und ich meine damit nicht nur die Klänge (da stimmte offensichtlicherweise so einiges nicht), sondern schon die gehörten und sichtbar gespielten Noten. "Björn" gab derweil sein Bestes, sein Spiel auf den Gitarren dem Gehörten entsprechen zu lassen, aber auch das gelang nicht immer.


    Was auch auffiel, war, daß zwischen den Songs praktisch immer sehr viel gesprochen wurde, jedes Mal mehrere Minuten. Es wurde erzählt, es wurde gescherzt – anscheinend wurde irgendwie Zeit gewonnen, weil das Laden und Vorbereiten des nächsten Zuspielers vom dafür am FoH-Platz bereitgestellten MacBook Pro aus nicht so schnell vonstatten zu gehen schien. Andererseits ging das auch mal ohne Pause; vielleicht mußte auch irgendwie die Show auf zwei Stunden verlängert werden, denn A4u können ihr Repertoire auch in 90 oder 75 Minuten abfrühstücken statt in zwei Stunden wie an diesem Abend.


    Trotz allem herrschte beim Publikum gute Partylaune. Gut, man merkte schon, daß große Teile des Publikums schon, sagen wir, gesetzten Alters waren. Aber später wurde trotz des vollbestuhlten Saals auf der geringen Freifläche getanzt, und an Begeisterungsbekundungen wurde nicht gespart.


    Wirklich harte ABBA-Fans waren unter den Zuschauern fast keine auszumachen bis auf einen mit selbstgemachtem Fan-T-Shirt. Bis auf ihn, ein paar Angehörige der Musiker und mich als Musikerpolizei gab es im Saal so ziemlich nur den typischen Gelegenheitshörer, der ABBA nur aus dem Schlager-und-Softoldie-Radio in der hier oben inzwischen ausgestorbenen Art von NDR1 (Welle Nord, 90.3, Radio Niedersachsen) kennt und irgendwo neben Smokie und Cliff Richard einreiht, aber kein einziges Album – oder zumindest nicht die komplette Diskographie – besitzt, geschweige denn offizielles oder gar inoffizielles Livematerial. Diese Veranstaltung war Bestätigung genug für mich, daß die Mehrzahl der Hardcore-ABBA-Fans Tributeshows meidet, weil die nicht einmal auch nur in die Nähe der echten ABBA kommen und sie keinerlei minderwertige Surrogate tolerieren. Folglich gibt es sie kaum als Zuschauer bei Tribute-Veranstaltungen.


    Im übrigen gingen A4u – wohl zu Recht – davon aus, daß im Saal keine Musiker sind. Es stimmt schon, im ABBA-Fandom ist die Musikerdichte überraschend gering. Aber auch unter den Gelegenheitshörern, die jeweils nahezu das komplette Publikum einer ABBA-Tribute-Veranstaltung ausmachen, gibt es sie nur sehr selten. So konnten A4u davon ausgehen, daß sie damit unbemerkt davonkommen, nur den Gesang live zu fahren, weil niemand im Publikum den faulen Zauber bemerkt. Na ja, zumindest "Björn" hat versucht, so zu spielen, daß etwaige Gitarristen nicht zu schnell Verdacht schöpfen.

  • Setlist mit Anmerkungen:
    Wenn mich etwas positiv überrascht hat, dann war das die Setlist. A4u haben nämlich nicht einfach ein "Best of ABBA" abgeleiert, sondern so manchen Superhit fallengelassen und statt dessen eine Anzahl wenig gespielter bis obskurer Preziosen eingestreut, Songs, die man von einer Tributeband gar nicht erwarten würde, solange diese nicht drei oder vier Stunden Programm machen muß. Leider muß man sagen, daß A4u denjenigen Fans Zuckerlis zugeworfen haben, die nicht mal anwesend waren.


    Vorweg: Es gab wieder keinen ausgespielten Song aus The Visitors (nur die ersten zwei Takte von "Head Over Heels" vom Album selbst) und erst recht keinen vom Opus 10-Material.


    Songs, die kursiv geschrieben sind, wurden nicht von A4u selbst dargeboten, sondern es wurden die jeweiligen originalen Studioaufzeichnungen von ABBA bzw. Murray Head abgespielt.


    1. Set

    • Intro (erste 2 Takte) von Head Over Heels
      Vom Album genommen und geloopt. Die Erwartung, daß ein Song aus The Visitors live (so live, wie man eben war) ausgespielt würde, wurde enttäuscht.
    • Waterloo
      180% aller Tributebands eröffnen damit. Zum Ende noch ein Stück verlängert. Besonders hier klang das Backing sehr nach Tischhupe.
    • SOS
      Hier fiel mir besonders auf, daß das, was "Benny" trieb, nichts zu tun hatte mit dem, was ich hörte. Das Ending setzte leider einen Takt zu spät ein.
    • Mamma Mia
      Unterlegt mit einem House-artigen Groove. An dieser Stelle bemerkte ich, daß der Lichtmensch versuchte, das Licht – besonders die Verschlüsse der Moving Heads – händisch synchron zur Musik zu fahren, aber immer wieder leicht abwich. Ernsthaft, wenn man schon Backings fährt, dann sollte man das Licht dazu automatisieren, dann ist es auch wirklich synchron.
    • Knowing Me, Knowing You
      2 Hi-Hat-Schläge als Einzähler; wie gesagt, auch fürs Publikum hörbar. Auch hier wurde "modernisiert". Bei den Backings wurde merklich gepfuscht – der Gesang im Refrain war unvollständig, und der an den Refrain anschließende Gitarrenpart stimmte auch nicht. Am Ende sangen die vier a cappella weiter und animierten das Publikum zum Mitsingen.
    • Money, Money, Money
      Wieder der obligatorische Eurodance-Beat. Der vierte Akkord im Refrain kam mir jedes Mal ein bißchen off vor. Vor jedem Refrain warf eine der Sängerin "Blüten" mit Bandwerbung ins Publikum.
    • Summer Night City
      Nicht die 1979er Live-Fassung, sondern die Studiofassung. Der Schluß war umgeschrieben und verlängert.
    • Ring, Ring
      An dieser Nummer wurde herzlich wenig verändert. Überraschend, daß eine Tributeband Prä-Waterloo-Material spielt.
    • Why Did It Have To Be Me
      Eine noch größere Überraschung war das Proto-"Happy Hawaii". Eigenartigerweise hatte das Backing bis zum Einsetzen des Instrumentalteils keine Drums.
    • Dancing Queen
      Wieder offensichtliches Playback seitens "Benny". Aber um die Nummer authentisch live zu spielen, bräuchte man, wie ich schon oft angemerkt habe, drei Keyboarder.
    • The Winner Takes It All
      Vom Metronom eingezählt. Die absolute Herausforderung für jede Tribute-Agnetha. Für diese hier bald etwas zuviel, ihre Stimme machte das kaum mit, so daß "Benny" die Hälfte des Gesangs übernahm, angefangen mit der gesamten zweiten Strophe nebst folgendem Refrain – un-ABBA-mäßig und mit variierter Melodie (kein Mann kann so hoch singen außer vielleicht Geddy Lee), aber mit Power.
    • The Piper
      Noch etwas aus dem Bereich "Obskures", die B-Seite von "Super Trouper". Die Sängerinnen hängten sich Capes um und setzten sich entsprechende Käppis auf, und "Frida" griff zu einer schwarzen Blockflöte. Ich glaube nicht, daß sie die wirklich spielen konnte, korrelierte doch wieder das Griffbild nicht mit den gehörten Flötentönen (eindeutig nicht mal wirklich eine Flöte, was da aufgenommen worden war). Was soll's, ein weiterer unerwarteter Song und die letzte Halb-Live-Nummer im Set.
    • One Night In Bangkok
      "Björn" war als letzter noch auf der Bühne und sagte den Song (während des instrumentalen Intros) an, der schlicht und ergreifend in seiner originalen Albumversion abgefahren wurde, während auch er von der Bühne abging.


    2. Set nach der Pause

    • I'm A Marionette
      Wo A4u mit "The Piper" aufgehört hatten, machten sie gleich weiter – mit dem nächsten obskuren Albumsong. Dürfte den albenunkundigen überwiegenden Teil des Publikums ziemlich irritiert haben, weil die Nummer als Setopener nicht angesagt wurde. Alle vier waren für den Song speziell kostümiert, die Herren trugen zusätzlich Masken, und man bewegte sich "mechanisch" (Herumhampeln à la Augsburger Puppenkiste wäre unangebracht gewesen). Hier fielen mir noch am stärksten die Unterschiede zwischen gehörter und gespielter Gitarre auf. Leider wurde der einzelne ¾-Takt vorm Refrain um ein Viertel gekürzt.
    • I Do, I Do, I Do, I Do, I Do
      Obwohl eine Single, dennoch ein Song, den Tributebands gern meiden, weil er damals vernichtende Kritiken bekam, als ABBA noch nicht so groß waren. "Benny" hatte die A4u-Version gründlich umarrangiert, um ihr den Kitsch des Originals auszutreiben, und sang sie auch überwiegend mit umgehängter Keytar. Man könnte sagen, es klang nicht nach ABBA, sondern fast schon besser. Man bekam den Eindruck, daß A4u die ABBA-Arrangements nicht aus Gründen des Realismus verwendeten, sondern weil die praktischerweise eben schon da waren und man sich nicht erst selbst etwas ausklügeln mußte.
    • Fernando
      Wenig zu zu sagen; natürlich hatte Lübeck weiterhin die Nase vorn durch Janne Kling. Am Ende wurde wieder in einem A-cappella-Teil das Publikum zum Singen animiert.
    • I Am The Tiger
      A4u kennen die Australientour bzw. The Movie. Auf dieser Basis wurde der Song von "Frida" angesagt: Eigentlich war er eher unbekannt, aber Agnetha und Frida liebten ihn, und so beschloß man, ihn in Australien als Opener zu nehmen. Und weil die Nummer so gut abgeht, nahmen auch A4u sie ins Repertoire auf.
    • Take A Chance On Me
      "Björn" erzählte dazu die Geschichte, wie der echte Björn beim Joggen auf den Song kam. Ab diesem Song hielt es so manch einen Zuschauer nicht mehr auf den Sitzen, was mir die Sicht erschwerte.
    • Gimme! Gimme! Gimme!
      Folgte fast ohne Pause auf den vorhergehenden Song, was die These der langen Ladezeit für die Backings widerlegte. Wieder offensichtlich kein Zusammenhang beim Tastenspiel erkennbar.
    • Super Trouper
      Die A-Seite wurde nach der B-Seite gespielt, auch interessant.
    • Does Your Mother Know
      Der einzige, der noch nicht solo leadgesungen hatte, war "Björn", der das nun nachholen konnte. "Benny" schnappte sich wieder die Keytar, auf der besonders offensichtlich zu sehen war, daß er nur so tat als ob.
    • Thank You For The Music
      Auch eine B-Seite, aber ein um Meilen größerer Hit als die dazugehörige A-Seite "Eagle" und ein idealer "Rausschmeißer" für am Ende einer ABBA-Setlist.


    Zugaben:

    • Chiquitita
      Hier machten A4u sich gar nicht erst die Mühe, ein Backing einzusetzen, und sangen den um die Hälfte gekürzten Song a cappella zusammen mit dem Publikum.
    • So Long
      Ein Kracher zum Finale. Und nein, so wirklich glücklich war auch hier das Backing nicht geraten, obwohl (oder gerade weil) man sich sehr nah am ABBA-Original orientierte.
    • Hasta Mañana
      Laut A4u eignete sich die damalige Brighton-"Waterloo"-Alternative hervorragend, um das Publikum zum endgültigen Abschluß zu verabschieden, weil Abschiedsgrüße in anderen Sprachen so häßlich klingen. Das hatte etwas von Bookends, "Waterloo" als Opener, "Hasta Mañana" zum Ende.
    • Arrival
      Weil uncoverbar, wurde das Publikum auch hier von den originalen ABBA-Klängen (na ja, die meiste Zeit ist nur Benny auf dem Polymoog zu hören) aus dem Saal geleitet. Angesagt wurde das Stück nicht, und "Arrival", wenn alle gehen, ist auch merkwürdig.
  • Ich musste drei Mal hingucken und kanns noch immer nicht glauben: 69 Euro (bzw. 40 Euro als Abendkassen-Sonderpreis) für eine namenlose und auch noch nicht- musizierende 4köpfige Kapelle? Wie viele Leute sind denn auf diese Masche hereingefallen?

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